Kaffeebohnen wachsen meist als Pärchen in einer Kirsche heran und benötigen ein warmes Klima, das sich um den Äquator, im sogenannten Kaffeegürtel findet. Nach der Ernte und vor der Röstung sind verwertbare Bohnen bläulich-grünlich über gelblich bis bräunlich. Ihre Farbe in Rohform hängt stark von der Methode ab, mit der sie nach der Ernte weiterverarbeitet wurden. Gerade bei den Kaffee-Aufbereitungsmethoden der Honey-Familie kommt es zu gelben oder sogar rötlichen Rohkaffeebohnen, aber auch die Entkoffeinierung kann das Farbbild stark verändern. Der Prozess, um die Qualität dieser rohen Bohnen zu beurteilen, heißt trotzdem immer Green Grading.
Farmer:innen, Einkäufer:innen und Röster:innen haben ein Interesse daran, dass die Qualität des Rohkaffees möglichst hoch und konstant ist. Je höher die Qualität, desto teurer lässt sich der Kaffee verkaufen und desto besser ist das Geschmackspotenzial. Die Qualitätsansprüche sind auch abhängig von der geplanten Verwendung der Bohnen, beispielsweise in einer Röstkaffee-Mischung oder einem Single-Origin-Kaffee.
Was ist Green Grading?
Green Grading ist die physische Bewertung von Rohkaffee, die der sensorischen Bewertung des Röstkaffees vorgelagert ist. Dabei werden die Qualität und die Eigenschaften von Kaffeebohnen untersucht, um sicherzustellen, dass sie den gewünschten Anforderungen entsprechen. Ein repräsentatives Muster der Bohnen, meist bestehend aus 350 Gramm, wird dabei untersucht und nach verschiedenen Kriterien sortiert:
- Größe und Form: Die Bohnen sollten gleichmäßig groß und ähnlich geformt sein. Je größer die Unterschiede, desto schwieriger wird im Anschluss eine gleichmäßige Röstung. Zur Größensortierung gibt es verschiedene Siebe mit runden Löchern.
- Farbe: Die Bohnen sollten eine gleichmäßige Farbe und einen guten Glanz aufweisen. Für Farbunterschiede gibt es verschiedene Gründe, zum Beispiel Krankheiten der Kaffeepflanze oder unterentwickelte Bohnen.
- Dichte: Die Bohnen sollten eine gleichmäßige Dichte aufweisen. Wie man diese bestimmt, klären wir weiter unten.
- Feuchtigkeit: Die Bohnen sollten eine optimale Feuchtigkeit aufweisen. Die Specialty Coffee Association hat einen Standardwert zwischen 10 und 12 % etabliert. Sind die Bohnen feuchter, neigen sie schneller zu Schimmelbildung. Sind sie trockener, schadet das dem Aroma.
- Defekte: Die Bohnen sollten frei von Defekten sein. Dazu gehören zum Beispiel Insektenschäden, schwarze Bohnen, vollsaure Bohnen, geplatzte oder gebrochene Bohnen und einige mehr. Auch Fremdkörper wie Steinchen und Co gehören dazu. Je nach Defekt könne diese die Röstmaschine schädigen und beeinflussen die Qualität des Endprodukts.
- Geruch: Rohkaffeebohnen sollten einen frischen, sauberen Geruch haben. Ein muffiger oder schimmeliger Geruch kann auf schlechte Lagerung oder Verunreinigungen hinweisen.
Die Defektskala der Specialty Coffee Association
Die Specialty Coffee Association, kurz SCA, hat eine Defektskala entwickelt, die beim Green Grading verwendet wird. Die Skala umfasst 13 Arten von Defekten, die in drei Kategorien eingeteilt werden. Sie spielen bei der Beurteilung von Kaffee und vor allem Spezialitätenkaffee eine herausragende Rolle. Damit ein Kaffee als Spezialitätenkaffee klassifiziert werden darf, dürfen in der zufälligen 350-Gramm-Stichprobe keine Primärdefekte vorliegen. Sekundärdefekte dürfen maximal 5 Stück vorliegen, wobei die SCA von Teil- und Volldefekten spricht, was bedeutet, dass manche Defekte mehrmals auftreten dürfen, damit sie als vollwertiger Defekt gelten.
- Primärdefekte: Diese Defekte sind schwerwiegend und können den Geschmack des Kaffees maßgeblich beeinträchtigen. Die SCA listet hier neben vollschwarzen und vollsauren Bohnen auch Pilzschäden, Fremdkörper, vertrocknete Kirschen und Insektenschäden auf.
- Sekundärdefekte: Diese Defekte sind weniger schwerwiegend, können aber den Geschmack des Kaffees ebenfalls entscheidend beeinflussen, insbesondere, wenn sie sich häufen. Die SCA listet hier teilschwarze und -saure sowie unreife, vertrocknete, gebrochene und sonstig inkomplette Bohnen auf. Dazu gesellen sich Pergamenthäutchen, Floater sowie getrocknete Schalen der Kaffeekirsche und leichte Insektenschäden.
Wenn Rohkaffee also entsprechend vorsortiert wird, lassen sich schon viele Defekte verhindern. Bei Spezialitätenkaffee handelt es sich damit vor allem um sehr gut sortierte Kaffees, die ein besonderes Geschmackspotenzial aufweisen. Damit sind sie, verglichen mit Premium- oder schlechteren Qualitätsstufen, die auch verkauft werden, ein echtes Luxusprodukt. Deshalb wird Spezialitäten-Rohkaffee meist auch in sogenannten Grainpro-Säcken transportiert. Das sind Plastiksäcke, die im inneren der üblichen Jutesäcke als zweite Schutzschicht vor Feuchtigkeit, Dreck und sonstigen Einflüssen dienen.
Primärdefekte | Vorkommnisse pro Defekt | Sekundärdefekte | Vorkommnisse pro Defekt |
Schwarze Bohnen | 1 | Pergament | 2–3 |
Vollsaure Bohnen | 1 | Hülle/Schale | 2–3 |
Vertrocknete Kirsche | 1 | Gebrochen/Geplatzt | 5 |
Große Steine | 2 | Insektenschaden | 2–5 |
Mittelgroße Steine | 5 | Teilschwarze Bohnen | 2–3 |
Große Stöcke | 2 | Teilsaure Bohnen | 2–3 |
Mittelgroße Stöcke | 5 | Schwimmer (Floater) | 5 |
Außenhaut | 5 | ||
Kleine Steine | 1 | ||
Ästchen | 1 | ||
Wasserschaden | 2–5 |
Wie wird Green Grading durchgeführt?
Green Grading wird in der Regel von Fachleuten durchgeführt, die ihre Kompetenzen entweder über Schulungen oder jahrelange tägliche Berufspraxis erworben haben. Die Bohnen werden beim Green Grading zunächst visuell auf Defekte untersucht. Anschließend werden die Bohnen gewogen und gemessen. Bei der visuellen Untersuchung wird auf Größe, Form, Farbe, Glanz und Feuchtigkeit der Bohnen geachtet. Außerdem werden die Bohnen auf Defekte wie Bruch, Schimmel, Insektenbefall oder andere Verunreinigungen untersucht.
Beim Wiegen und Messen der Bohnen wird die Dichte des Kaffees bestimmt. Meist geht es dabei um die Schüttdichte, die deutlich einfacher zu bestimmen ist als die tatsächliche physikalische Dichte des Rohkaffees. Um die Schüttdichte zu bestimmen, füllt man die Bohnen in einen Behälter, der beispielsweise ein Volumen von einem Liter hat. Die Dichte für Arabica-Kaffeebohnen liegt beispielsweise zwischen 670 g und 750 g pro Liter. Letztlich kommt es aber auf die genaue Varietät der Bohne an. Um die Feuchtigkeit von Kaffeebohnen zu untersuchen, gibt es spezielle elektronische Feuchtemessgeräte.
Green Grading als Teil der Röstmeisterschaften
Jede Rösterei und ihre Röstmeister:innen sollten etwas vom Green Grading verstehen. Zum einen, weil sie sicherstellen sollten, dass die eingekauften Bohnen den Qualitätsversprechungen entsprechen. Zum anderen aber auch, um ihren Kund:innen einen möglichst hochwertigen Röstkaffee anzubieten, visuell wie geschmacklich. Deshalb gehört das Green Grading auch fest zu den Aufgaben der Teilnehmer:innen bei Röstmeisterschaften und fließt in die Endnote ein.