Vanía ist in Ruanda geboren und in der Schweiz aufgewachsen. Ruandischen Kaffee, so sagt sie uns, mochte sie schon immer. Die Idee, im Kaffeegeschäft Fuß zu fassen, war vorerst allerdings „reine Träumerei. Bis ich mich näher mit dem Thema beschäftigte“, so Vanía. Dass es so weit kam, verdankt sie einem Berufscoaching. Im Zuge dessen bringt sie ihre Liebe zu Kaffee zu Blatt, erinnert sich, dass sie während ihrer Studienzeit schon einmal für ein Kaffeeunternehmen gearbeitet hat und erstellt einen ersten Businessplan.
„Schlussendlich war es der Schubs in die richtige Richtung,“ verrät sie uns. Vanía streckt ihre Fühler aus und geht auf den schweizerischen Kaffeeexperten Prof. Chahan Yeretzian von der ZHAW zu (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften). Bei ihm informiert sie sich ausführlich über Qualitätsunterschiede von Rohkaffee. Er ist es auch, der sie an Furaha Umwizeye Teuscher von Kivubelt Coffee vermittelt. Furaha, so erinnert er sich, war einige Jahre zuvor Teilnehmerin in einem seiner Weiterbildungskurse zum Thema Kaffee.
Kivubelt Coffee als idealer Kooperationspartner
Furaha hat Kivubelt Coffee 2011 gegründet. Das Unternehmen spezialisiert sich auf ruandische Kaffees, die am östlichen Ufer des Kivusees gedeihen. „Auf hunderten kleinen Farmen kultivieren Bauern und Bäuerinnen Kaffeepflanzen, meist auf unter einem Hektar,“ erklärt Vanía. Zwischen 100 und 300 Bäumen stehen auf jeder Farm.
Die reifen Kaffeekirschen liefern die Farmer:innen an die Coffee Washing Stations (CWS) von Kivubelt. Wichtig ist, dass das schnell passiert, weil ca. 8 Stunden nach der Kaffeeernte der Gärungsprozess einsetzt. In der CWS Murondo und CWS Jarama bereiten Mitarbeiter:innen die Kirschen meist gewaschen auf – es sei denn, seitens der Röstereien gibt es andere Wünsche.
Neben den vielen kleinen Farmen, deren Kaffeekirschen bei Kivubelt landen, betreibt Furaha mit ihrem Unternehmen auch drei eigene Farmen. Auf Jarama, Kamajumba und Nyaruzina ist das erklärte Ziel, moderne Modellfarmen zu betreiben, die auch den Kleinbauern im Umfeld helfen, größere und qualitativ hochwertige Erträge zu erzielen. So verteilen die Mitarbeiter:innen zum Beispiel Setzlinge oder Dünger an die Farmer:innen aus der Region.
Vanía gründet Somaho und verschifft ihren 1. Container
Für Vanía war die ideale Kooperationspartnerin gefunden, das war spätestens seit ihrem Besuch bei Furaha in Ruanda klar. Sie entschließt sich, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, und will Somaho Specialty Coffee gründen.
Eine Woche nach ihrer Rückkehr aus Ruanda schlägt die Corona-Pandemie durch. Aufgeben kommt für sie trotzdem nicht in Frage. Vanía zieht die Gründung durch. Unterstützung für ihre ersten Schritte in der Selbständigkeit bekommt sie von der Startup Academy, einem schweizerischen Verein, der sich auf die Förderung von Jungunternehmen spezialisiert.
Der Name Somaho bedeutet so viel wie „Nimm einen Schluck“. Dieser Einladung sind wir gerne gefolgt, haben letztes Jahr unseren ersten Kaffee von Vanía probiert und waren direkt begeistert. Mittlerweile ist unser Ruanda Kamajumba aus dem ersten Container von Somaho wieder vergriffen, genauso wie unser Filterkaffee Rwanda People’s Farm. Aktuell haben wir leider keine Bohne aus Ruanda im Angebot (April 2024).
Kaffeeanbau am Ostufer des Kivusees
In dem Anbaugebiet um den Kivusee kommen hauptsächlich Arabica-Kaffeepflanzen unterschiedlicher Bourbon-Varietäten zum Einsatz. Aufgrund von steilem und unwegsamem Gelände pflücken die Farmer:innen die Kirschen bei der Kaffeeernte von Hand (engl. Picking). Das sorgt einerseits dafür, dass weniger unreife Kirschen in der Ernte landen und ist andererseits auch schonender für die Kaffeesträucher.
„Aufgrund des Klimawandels ist das Wetter am Kivusee deutlich instabiler geworden,“ erzählt Vanía. „Für die Kaffeeproduktion sind sowohl Regenzeit als auch Trockenperiode sehr wichtig. Durch den Klimawandel sind Saisonbeginn und -ende nicht mehr gut abschätzbar.“ Aufgrund des Terrains gibt es in Ruanda kaum künstliche Bewässerung. Die Farmer:innen sind der Unbeständigkeit des Wetters also größtenteils hilflos ausgesetzt. Wenn der Regen ausbleibt, oder zu spät kommt, bedeutet das zwangsläufig schlechte Ernten.
Mit Kivubelt will Furaha hier entgegenwirken, indem sie die Farmer:innen berät und mit resistenten Setzlingen unterstützt. Zur Erntezeit bietet sie in der Region bis zu 500 Arbeitsplätze an, die überdurchschnittlich gut bezahlt sind. Dieses Jahr hat sie außerdem ein Projekt für Kaffeetourismus lanciert. Unterstützt von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, will sie so ein Bewusstsein für die Bedingungen im Kaffeeanbauland Ruanda schaffen.
So kommt der Kaffee aus Ruanda nach Deutschland
Von den vielen kleinen und größeren Farmen kommt der Kaffee, der am Kivusee wächst, in die Coffee Washing Stations von Kivubelt Coffee. In den CWS Murondo und Jarama bereiten die Mitarbeiter:innen den Kaffee auf. Anschließend verladen sie ihn auf LKWs. Diese bringen den Kaffee erst nach Kigali, die Hauptstadt Ruandas, wo der Kaffee dann in Container kommt und seine Reise nach Daressalam ins benachbarte Tansania antritt. In der Hauptstadt des Nachbarlandes befindet sich einer der bedeutendsten und größten Häfen der afrikanischen Ostküste.
Per Schiff geht es dann weiter in Richtung Europa. „Das dauert gefühlt ewig,“ sagt Vanía und lacht. In Europa angekommen, wird der Kaffee verladen und weiter nach Basel transportiert. Hier holen ihn die Röstereien entweder selbst ab oder lassen ihn per Spedition vor die Röstereitüre liefern.
Was Vanía sich für die Zukunft wünscht
„Röstereien und Konsument:innen sollten genauer hinschauen, woher ihr Kaffee kommt und wie er produziert wird. Das bedeutet auch, dass die Rösterein einen gewissen Bildungsauftrag haben,“ sagt Vanía. Ihr ist es wichtig, dass Kaffeetrinker:innen verstehen, dass Arabica nicht gleich Arabica ist. Land, Region und Anbaupraktiken wirken sich entscheidend auf den Geschmack aus.
„In Märkten, in denen Qualität zählt und Produzierende sowie Abnehmer:innen sich auf Augenhöhe begegnen, ist der Handel fairer,“ meint Vanía. Ob das mit Labels wie Faitrade und Co. sinnvoll machbar ist? Daran hat sie Zweifel: „Labels sind dann relevant, wenn die Marktstrukturen kartellistisch sind. Allerdings existiert auch hier das Problem, dass Zertifizierungen und Audits sehr teuer sind. Damit bleibt unklar, wie kleine Farmer:innen, wie die um den Kivusee, davon profitieren können, oder ob diese einfach aus dem Markt gedrängt werden.“
Bei hochqualitativem Spezialitätenkaffee, der direkt gehandelt ist, sehen Kivubelt als auch Somaho Zertifizierungen als nicht notwendig an, weil „Käufer:innen direkt mit den Produzierenden im Kontakt sind, eine nachhaltige Beziehung pflegen, sie besuchen und die Preise direkt verhandeln.“ Die hohe Kaffeequalität, so sind sie überzeugt, kann nur durch nachhaltiges Produzieren garantiert sein. „Damit ist die Qualität des Kaffees selbst das beste Kennzeichen einer nachhaltigen Produktion. Dazu braucht es keine Labels, sondern ausgebildete Fachleute wie die Q-Grader, die die Qualität des Kaffees objektiv feststellen und bewerten.“
Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit Vanía und sind begeistert von den ruandischen Rohkaffees, die wir von ihr beziehen. Für Filterkaffeefans und experimentierfreudige Espressoliebhaber:innen gibts es von uns eine klare Probierempfehlung.