Anne Gerulat und Torsten Rosendahl vor den Türen ihrer Rösterei.

Indie Roasters importieren Bio-Kaffee ohne Umwege aus Indien

Torsten Rosendahl und Rainer Kespohl lieben Kaffee und gründen 2013 zusammen die Indie Roasters. Ihre Mission: Hochwertigen Biokaffee ohne Umwege nach Deutschland importieren und rösten. Anfang 2014 stößt Anne Gerulat dazu, die von der Idee begeistert ist. Wie es weiterging, liest du hier.

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Biologisch angebaute Kaffeebohnen sind im Jahr 2013 in der deutschen Spezialitätenkaffee-Szene kaum zu finden. Das wollen Torsten und Rainer ändern und gründen deshalb im selben Jahr die Indie Roasters. Rainer hat zu dieser Zeit bereits geschäftliche Beziehungen nach Indien und schaut sich dort nach biozertifizierten Kaffeebauern um. Wenig später importieren die beiden ihren ersten Container mit 8 Tonnen Bio-Rohkaffee, der mit einiger Verspätung im Dezember 2013 im Hamburger Hafen eintrifft. Torsten besucht zwischenzeitlich Röst- und Sensorikseminare und arbeitet für eine ebenfalls neu gegründete Bio-Kaffeerösterei, die in den Räumen einer alten Bäckerei in Salzkotten beheimatet ist. Mit dieser hat er einen Deal: Er hilft beim Aufbau der Rösterei und darf im Gegenzug die Produktionsstätte und das Lager für das Projekt Indie Roasters nutzen.

Das Projekt Indie Roasters nimmt Form an

Anfang 2014 kommt Anne Gerulat ins Team und wird Teil der GbR. Zusammen mit Torsten entwickelt sie die Vision der Biokaffeerösterei weiter. Die beiden erstellen einen Businessplan, tüfteln an den Röstprofilen und bauen das Corporate Design sowie den Internetshop auf. Im Oktober desselben Jahres stehen sie erstmals auf einer Biomesse, um ihre Marke zu präsentieren. Das passiert damals alles noch nebenbei, weil Torsten nach wie vor bei der Kaffeerösterei arbeitet und Anne in einem Laden für Espressomaschinen für ein Großhandelsunternehmen, bei dem sie hauptberuflich ihr Geld verdient.

Bald wird klar, dass die Indie Roasters eine neue Produktionsstätte benötigen. Die Suche führt sie nach Bielefeld-Senne, wo sie zum Jahresende eine passende Immobilie finden, in der bis heute die Räume der Indie Roasters sind. Mitte 2015 rösten sie dort ihre ersten Kaffeebohnen. Anne arbeitet nebenher und bis ins Jahr 2019 weiterhin im Espressomaschinen-Großhandel. „Ich habe mich in dieser Zeit intensiv mit der Planung und Durchführung von Schulungsevents beschäftigt und konnte so viele Kontakte in die Kaffeeszene knüpfen und selber viel über Kaffee lernen. Das hat sehr geholfen,“ erzählt sie uns. Rainer verlässt das Projekt im Jahr 2017.

Deshalb setzen die Indie Roasters auf Direktimporte

Beim Import des Rohkaffees, den die Indie Roasters verarbeiten, möchten sie keine Kompromisse eingehen. Während Röstereien im Zuge der dritten Kaffeewelle zwar immer wieder gerne betonen, dass sie sozial und ökologisch verantwortungsvoll handeln, wollen die Indies es selbst in der Hand haben. Anstatt sich auf die Versprechen anderer zu verlassen, kümmern sie sich deshalb selbst um den Kaffeeimport. Das ist mit erheblichen Risiken verbunden, da sie den Rohkaffee bis zu anderthalb Jahre vorfinanzieren müssen. „Das führt dazu, dass wir enorm auf unsere Liquidität achten müssen. Unsere Mittel und die unserer Rohkaffeekunden sind durch die Vorfinanzierungen im Rohkaffee gebunden. Da der Zeitraum von bis zu anderthalb Jahren sehr groß ist, ergeben sich auch immer wieder Schwierigkeiten bei der Preis- und Mengenkommunikation,“ erklärt Anne und sagt weiter: „Wir wollen Kaffee produzieren, der für alle gut ist. Für die Farmer im Ursprung, für die Natur und für die Kaffeetrinker hierzulande.“

Um die Kommunikation mit den Rohkaffeekunden wie uns, alle Büroangelegenheiten und den Import kümmert sich Anne. Dafür reist sie auch mindestens einmal pro Jahr nach Indien. Torsten kümmert sich in Bielefeld ums Rösten und die Mitarbeiter. Wir verarbeiten die direkt importierten Rohkaffees in unseren Bio-Kaffeemischungen Toulouse und Marcello Sweet. Dabei setzen wir auf die Robusta-Rohkaffeebohnen India Sarvam der Varietät Old Paradenia und CxR, die von Sarvam Estate angebaut werden.

So suchen die Indie Roasters ihre Rohkaffees für den Import aus

Bevor Anne und Torsten neue Kaffees importieren, prüfen sie, ob diese in ihre Geschmacksprofile passen. „Dafür arbeiten wir mit dem Cuptaster Ajay aus Indien zusammen,“ sagt Anne und führt aus: „Bei Canephora sind wir Fans der alten indischen Sorten Old Paradenia/S 274, aber auch CxR ist geschmacklich toll. Bei den Arabicas gehen wir nach dem Profil. Auf vielen Farmen gibt es aber einen Mix von Varietäten, da die Farmer im Laufe der Jahre unterschiedliche Varietäten angepflanzt haben. Für Microlots gilt das natürlich nicht, da diese reinsortig gepflückt und speziell aufbereitet werden, zum Beispiel als anaerobic natural.“

Anne und Torsten auf einer Kaffeefarm in Indien.

Anne und Torsten auf einer Kaffeefarm in Indien.

Die Rohkaffees werden nach der Aufbereitung und einer kurzen Reifungszeit im Lager der Farm beziehungsweise Kooperative für die letzten Verarbeitungsschritte in sogenannte Curing Works transportiert. Dort werden die Bohnen aus ihrem Pergamenthäutchen geschält, gereinigt, poliert, sortiert und in sogenannte Ecotact- und Jutesäcke verpackt. Anschließend werden die Kaffeesäcke in Container verladen und verplombt, um ihre Reise zu den Importeuren auf der ganzen Welt anzutreten. Die Indie Roasters arbeiten mit einem Logistikdienstleister zusammen, der die verplombten Container für sie vom Hamburger Hafen nach Bielefeld bringt. Hier kümmern sie sich dann selbst um die notwendige Ersteingangskontrolle des Rohkaffees in die EU.

Mehr soziales und ökologisches Bewusstsein für die Specialty-Szene

„In der Specialty-Coffee-Szene sollten nachhaltiger Anbau und die Arbeitsbedingungen der Menschen eine größere Rolle spielen,“ findet Anne und beklagt: „Geht man auf Coffeefestivals und Events, hat man den Eindruck, dass es fast ausschließlich um Geschmack, Varietäten und fancy Aufbereitungsarten geht. Kaum jemand spricht über Biokaffee, Arbeitsbedingungen oder Klimawandel. Man bekommt zu oft das Gefühl, dass diese Themen nur als Marketing-Add-ons gesehen werden. Es wäre toll, wenn diese eine größere Rolle bei den Kaufentscheidungen der Röstereien und ihren Kunden spielen würden.“

Der Klimawandel sorgt zunehmend für Missernten. Für die Farmer*innen in den Ursprungsländern wirkt sich das oft existenzbedrohend aus. Durch Vorfinanzierungen können diese Effekte teilweise aufgefangen werden, aber langfristig müssen zusätzlich andere Lösungen her. Anne schlägt in unserem Interview zum Beispiel Rücklagefonds vor, die durch Röstereien und Kunden getragen werden könnten, um die Effekte von steigenden Missernten aufzufangen. Im Hinblick auf den Klimawandel sollte Bioanbau stärker gefördert werden, damit wieder mehr CO2 im Boden gespeichert werden kann. Entscheiden sich Röstereien vermehrt für biologisch angebaute Kaffees, können die Effekte des Klimawandels verlangsamt werden,“ erklärt Anne.

Eine weitere Herausforderung für die kommenden Jahre werden die von der EU beschlossenen Regularien gegen Abholzung sein (EU-Verordnung 2023/1115). Die Umsetzung soll ab Dezember 2024 erfolgen und aktuell gibt es noch keine genauen Guidelines, wie die Beweise für abholzungsfreie Produkte zu erbringen sind. „Wir finden, die Bestimmungen sind ein Schritt in die richtige Richtung bezüglich Transparenz in den Lieferketten und den Schutz der Wälder und hoffen, dass die an uns gestellten Dokumentations- und Nachweispflichten so gestaltet werden, dass sie auch von kleineren Importeuren bewältigt werden können,“ sagt Anne.

Lösungsansätze für einen fairen und nachhaltigen Kaffeehandel

Den Direktimport und die eigene Anwesenheit in den Anbauländern sehen die Indie Roasters als bessere Alternative zu „sozialen“ Labeln wie Fair Trade und Co. Während sie deren Grundidee zwar für richtig halten, zeigt sich in der Praxis, dass den Endkunden damit immer noch zu wenig Transparenz gegeben wird. Wenn lediglich die verhandelten Mindestpreise gezahlt werden und man sich nur auf das Label verlässt, ist das problematisch. Diese Preise sind wenig dynamisch gegenüber allgemeinen Preissteigerungen und bieten keine Nachvollziehbarkeit bezüglich der tatsächlichen Entlohnung der Farmer*innen. So kann es vorkommen, dass lediglich Mindestpreise gezahlt werden, anstatt dass sie von Preissteigerung am Markt profitieren.

Wir arbeiten seit 2020 mit Anne und Torsten von den Indie Roasters zusammen und finanzieren mit ihnen und anderen Röstereien Bio-Robusta aus Indien vor. Wir sind stolz, so einen Teil zu einer sozial und ökologisch nachhaltigeren Kaffeelieferkette beitragen zu können und bedanken uns für die wertvollen Einblicke.

Schön, dass du bis hierhin gelesen hast!
Dieser Artikel wurde zuletzt am 02.04.2024 aktualisiert. Wir überprüfen unseren Blog regelmäßig auf Aktualität und freuen uns immer über Feedback, entweder als Kommentar zum Beitrag oder per Mail an nico@guentercoffee.com.

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