Bevor wir ins Thema Latte Art einsteigen, schauen wir uns das Handwerkszeug genauer an. Zuerst geht es, wie sollte es anders sein, um Milch. Klar, die kommt von der Kuh, vom Schaf, der Ziege oder einem anderen Säugetier, aber …
Was ist Milch eigentlich genau?
Milch ist eine Emulsion aus Fett, Eiweißen, Milchzucker und Wasser. Dazu kommen noch einige Mineralstoffe, Vitamine und weitere Stoffe, deren Menge und Zusammensetzung sich je nach Tierart unterscheidet. Außerdem hat die Weiterverarbeitung der Milch einen großen Einfluss auf den Anteil an Vitaminen.
Ihre besondere Zusammensetzung erlaubt es uns, Kunst auf Kaffeegetränken entstehen zu lassen. Vorausgesetzt, wir schäumen sie vorher – sonst funktioniert es nicht. Dafür eignet sich übrigens auch die vegane Milchalternative aus Hafer sehr gut. Wir arbeiten am liebsten mit der Oatly Barista Edition, die sich größtenteils ebenfalls aus Fett, Eiweißen, Zucker und Wasser zusammensetzt.
Was ist Latte Art?
Latte Art ist die Kunst, Kaffeegetränke mit Hilfe von Milch und Milchschaum zu verzieren und zu veredeln, und zwar durch die gekonnte Einarbeitung der Milch in den Espresso und seine Crema. Man unterscheidet zwischen den Techniken Eingießen (mit Hilfe eines Kännchens) und Verzieren (mit einem sogenannten Latte Art Pen).
Neben der optischen Veredelung geht es auch um ein gleichbleibendes Trinkgefühl aus Kaffee, Milch und Schaum. Gute Latte Art entsteht im Einklang von technischer Beherrschung, Kreativität und Kaffee- sowie Milchkenntnissen. Bei Latte-Art-Wettbewerben und Meisterschaften messen sich Baristi regelmäßig und stellen ihr Können zur Schau. Dabei kommt es auf einen perfekt zubereiteten Milchschaum, die Getränkequalität, die Komplexität des Musters und die Platzierung der Kunst in der Tasse an.
Die perfekte Milchschaumtemperatur für Latte Art liegt zwischen 60–65 °C. Ist die Milch heißer als 68 °C, nimmt sie einen verbrannten Geschmack an und ihre Textur verändert sich. Die Basis für gelungene Latte Art ist ein flüssiger, cremiger und vor allem feinporiger, sogenannter Mikroschaum. Als Standardmotive gelten Herz, Blatt bzw. Rosetta und Tulpe.
Der bekannteste Wettbewerb ist die World Latte Art Championship, bei der sich einmal pro Jahr alle Gewinner der jeweiligen Länderwettbewerbe messen. Im Jahr 2024 fand diese Meisterschaft bei der World of Coffee in Kopenhagen statt.
Wie entsteht Milchschaum?
Milchschaum entsteht, wenn Luft in die Milch gezogen wird und sich die Milchproteine mit dieser unter Druck durchmischen. Welche Milch und Utensilien sich am besten eignen, haben wir hier für dich aufgelistet:
- Frische Milch eignet sich am besten, weil sie sich besser schäumen lässt und ein stabilerer Milchschaum entsteht als bei haltbarer Milch.
- Kalte Milch als Ausgangsmaterial bedingt eine bessere Milchschaumqualität, da mehr Zeit bleibt, den Schaum zu erzeugen.
- Kännchen aus Edelstahl eignen sich am besten für das Schäumen, da die Temperatur beim Schäumen gut kontrollierbar ist, weil Edelstahl eine gute Wärmeleitfähigkeit besitzt. Durch das Schäumen verändert sich das Volumen der Milch – sie dehnt sich aus.
- Eine Espressomaschine mit Dampflanze ist am besten geeignet, um schnell einen gleichmäßigen Milchschaum zu erreichen.
Für Kaffeegetränke wird zwischen festem, feinporigem und dichtem Schaum (beispielsweise für klassischen Latte Macchiato), und flüssigem, cremigem sowie feinporigem Schaum unterschieden. Für Latte Art benötigen wir letzteren. Der Grund: Bei festem Schaum setzt sich die Milch schon nach wenigen Sekunden nach unten ab und die gewünschte Vermischung von Kaffee und Milch bleibt aus.
Cremiger Schaum hingegen verteilt sich zuerst auf dem Tassenboden und steigt dann wieder an. Dadurch kommt es zu einer Vermischung von Milch und Kaffee und es entsteht eine Oberfläche auf der wir Latte Art gießen können, die nicht abtaucht. Die Qualität des feinporigen, seidigen Milchschaums hängt vom Proteingehalt und der Aufschäumtemperatur ab. Der Vorgang des Schäumens setzt sich aus der Ziehphase und der Rollphase zusammen.
- Die Ziehphase findet zu Beginn des Schäumens statt. Dabei wird Luft in die Milch eingezogen bis sie ca. 40 °C warm ist (handwarm). Dabei sollte ein leicht kratziges Geräusch entstehen.
- Die Rollphase kann an die Ziehphase anschließen oder für noch cremigeren Schaum währenddessen stattfinden. Hierbei verkleinern und verbinden wir die Luftbläschen durch Drehbewegungen.
Der Milchschäumprozess ist abgeschlossen, wenn diese eine Temperatur von 60–65 °C erreicht hat. Ein guter Indikator, um nicht jedes Mal ein Thermometer zu bemühen: Die Kanne ist dann in aller Regel zu warm, um sie zu halten. Deshalb fassen wir unsere Milchkanne immer mit beiden Händen an. Mit einer Hand halten wir sie am Henkel und umschließen sie mit der anderen Handfläche großflächig vorne. Die Dauer, bis die Endtemperatur erreichst ist, ist abhängig von der Milchmenge im Kännchen.
Der Weg zum perfekten Milchschaum für Kaffee
Wenn wir Milchschaum haben möchten, schnappen wir uns ein Milchkännchen und füllen es zu ⅔ mit kalter Milch. Ob wir dafür Kuhmilch oder eine Alternative wie Hafermilch verwenden, ist einerlei. Dann positionieren wir den Kopf der Dampflanze unserer Espressomaschine unter der Milchoberfläche und öffnen den Dampfhahn vollständig (Reihenfolge beachten, sonst spritzt es Milch!). Dabei umfassen wir das Milchkännchen mit einer Handfläche vorne und halten es mit der anderen am Henkel.
Es beginnt die Ziehphase, in der sich Milchschaum bildet. Dabei wird Luft in die Milch eingezogen und wir bewegen das Kännchen leicht nach unten, bis wir einen Teil des Dampflanzenkopfs sehen. Dabei sollte ein kratzendes Geräusch entstehen, bis sich das Kännchen spürbar erwärmt. Es folgt die Rollphase, in der sich der Schaum verdichtet. Wir bewegen das Kännchen nun leicht nach oben, damit der Kopf der Dampflanze sich unter der Milchoberfläche befindet, während sich die Milch rotierend verdichtet. Sobald das Kännchen so weit aufgeheizt ist, dass das Umfassen aufgrund der Hitze unangenehm wird, schließen wir den Dampfhahn und stellen das Milchkännchen beiseite.
Mit einem Tuch reinigen wir die Dampflanze von Milchresten. Da die Milch schnell antrocknet, empfiehlt es sich, das sofort nach dem Aufschäumen zu tun. Dabei ist es hilfreich, den Dampfhahn kurz zu öffnen, während wir unser Tuch unter den Lanzenkopf halten, um auch Milchreste innerhalb der Lanze zu entfernen. Außerdem hilft der heiße Dampf auch dabei, die Lanze rückstandslos zu säubern.
Jetzt schnappen wir unser Milchkännchen wieder und klopfen es auf die Arbeitsfläche, um große Schaumblasen zu entfernen. Anschließend schwenken wir es, bis die Milch glänzt. Fertig ist der Milchschaum! Jetzt kannst du mit der Latte Art loslegen.
Hast du Probleme mit dem Milchschaum?
Damit das Milchschäumen gelingt, hilft es, folgende Punkte zu beachten: Position des Dampfkopfs in der Milch, Winkel des Kännchens und Winkel des Kännchens im Verhältnis zur Dampflanze. Dabei helfen folgende Tipps:
- Richte die Dampflanze so aus, dass sie zu dir zeigt und im 45 ° Winkel steht.
- Positioniere das Kännchen so, dass der Dampfkopf mittig in die Milch zeigt.
- Kippe die Unterseite des Kännchens leicht nach links.
- Der Dampfkopf sollte jetzt etwa ⅓ vom rechten Kännchenrand entfernt sein.
So machst du ein Latte Art Herz
Halte deine mit 20 oder 40 ml Espresso gefüllte Tasse am Tassenboden oder Griff fest. Je nachdem, was dir mehr liegt, um sie stabil zu greifen.
- Halte die Tasse jetzt leicht schräg und setze das Milchkännchen im 90°-Winkel zum Griff an.
- Gieße die Milch mit etwa einer Handlänge Abstand mit einem konstanten, dünnen Strahl kreisend ein, bis die Tasse zu etwa ⅔ gefüllt ist. Dabei verschwindet der Milchschaum idealerweise unter der Crema.
- Bringe die Tasse aus ihrer schrägen Haltung in die Gerade. Senke das Milchkännchen nun etwas in Richtung Crema ab und fange an, langsam Milchschaum vom hinteren Tassendrittel aus einzuschenken. Bewege die Kanne dabei mehrmals schnell aber zentriert von links nach rechts (wiggle). So entsteht Struktur im Milchschaumkreis.
- Fülle die Tasse so bis kurz vor den Rand und ziehe das Kännchen dann ins vordere Tassendrittel. Achte dabei darauf, mit einem konstanten, dünnen Strahl zu gießen, damit die Spitze des Herzes filigran ausfällt.